Rechenzentren verbrauchten in Deutschland im Jahr 2020 etwa 16 Mrd. kWh Strom – mehr als die ganze Stadt Berlin. Dabei arbeitet der Server wärmetechnisch wie große Heizplatten – der Strom wird in den Rechenzentren in Wärme umgewandelt. Bisher verpufft diese Wärme jedoch meist ungenutzt in der Luft.
Am Beispiel des Rechenzentrumshotspots Frankfurt (Main) geht NeRZ gemeinsam mit dem Borderstep Institut, dem Energiereferat der Stadt Frankfurt (Main), dem SICP – Software Innovation Campus Paderborn der Universität Paderborn, den Unternehmen WestfalenWIND IT und Cloud&Heat sowie dem eco Verband und der Initiative Digitales Hessen neue Wege. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz soll die Planung und der Betrieb von Rechenzentren zukünftig so optimiert werden, dass die Abwärme genutzt und die negativen Umweltwirkungen der Rechenzentren minimiert werden.
Hintergrund
Rechenzentren benötigen zunehmend mehr Energie und Fläche. Nach aktuellen Berechnungen des Borderstep Instituts ist der Energiebedarf der Rechenzentren in Europa seit dem Jahr 2010 um mehr als 50 Prozent angestiegen. In Städten wie Frankfurt und Amsterdam bestehen bereits heute Schwierigkeiten, das weitere Wachstum der Branche technisch und organisatorisch zu bewältigen.
Insgesamt wird es zunehmend schwieriger, den für die Digitalisierung notwendigen Ausbau der Rechenzentren mit den Zielen nachhaltiger Stadtentwicklung zu vereinbaren. Zudem kann die von Rechenzentren abgegebene Wärme in Ballungsräumen ein Problem für das Stadtklima darstellen.
Abwärme aus Rechenzentren als alternative Wärmequelle
Andererseits ist der klimafreundliche Umbau der Wärmeversorgung eine der großen Herausforderungen der Zukunft. Öl und Gas als Energiequellen müssen hier auf Dauer ersetzt werden. Als alternative Wärmequellen stehen neben Solarthermie, Geothermie oder Biomasse insbesondere auch die Abwärme aus industriellen Prozessen oder aus Rechenzentren zur Verfügung.
„Die Abwärme aus Rechenzentren im Hotspot Frankfurt würde theoretisch ausreichen, um dort in Zukunft alle Wohngebäude zu heizen und mit Warmwasser zu versorgen“, führt Dr. Ralph Hintemann vom Borderstep Institut aus. „Auf dem Weg dahin sind aber noch viele technische, organisatorische und wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen. Künstliche Intelligenz stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, die nutzbare Menge an Abwärme aus Rechenzentren sehr deutlich zu erhöhen“.
Ziel: KI-Leuchtturm in Frankfurt (Main)
DC-HEAT hat ein Konzept für einen KI-Leuchtturm zum Thema Abwärmenutzung aus Rechenzentren in Frankfurt (Main) erarbeitet. Dazu wurden in einem strukturierten Prozess die Entscheidungsprobleme im Themenfeld identifiziert, bei denen der Einsatz künstlicher Intelligenz eine deutliche Verbesserung bringen kann.
Die Forscher untersuchten hier z.B. Einsatzgebiete in der Wärmenetzplanung und Standortplanung für Rechenzentren, in der dynamischen Abstimmung von Wärmeangebot und -bedarfs sowie im Bereich der Einflüsse der Abwärme auf das Mikroklima der Stadt Frankfurt (Main).
Künstliche Intelligenz zur Reduktion von Abwärme
„Eine intelligente Kopplung von Erzeugern und Nutzern von Wärme ist mit vielen komplexen Entscheidungen verbunden“, kommentiert Dr. Gunnar Schomaker vom Software Innovation Campus Paderborn die Rolle der KI im Projekt. „Maschinelles Lernen kann dabei unterstützen, mit den vielfältigen Einflüssen zum Beispiel in den Bereichen Energieverfügbarkeit, Umweltfaktoren, Nutzerverhalten oder Betriebsführung umzugehen. Es wird eine spannende Herausforderung, in einem Leuchtturmprojekt die Potenziale der KI zur Abwärmenutzung aus Rechenzentren zu erforschen und insbesondere die automatisierte Anwendung zu erkunden.“
Das Projekt wird von einem breiten Partnernetzwerk getragen. Neben NeRZ, dem Energiereferat der Stadt Frankfurt (Main) und der Initiative Digitales Hessen unterstützt insbesondere der eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. das Projekt. Dieser Schulterschluss bietet beste Voraussetzungen für den Erfolg dieses international sichtbaren Leuchtturmprojekts zum KI-Einsatz für die Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren in Frankfurt (Main).
Ergebnispapier zum Forschungsvorhaben Data Centre Heat Exchange with AI-Technologies (DC-HEAT)
Das Vorhaben DC-HEAT untersuchte, wie mittels künstlicher Intelligenz die Abwärme aus Rechenzenten effizient genutzt werden kann. Es wurde gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, im Programm „KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen“. Ein Ergebnispapier zu DC-HEAT steht hier zur Verfügung.